
Monika Luginbühl ist Dozentin an der BFF. Gemeinsam mit ihrer Schwester Christa hat sie ein Buch über die kreative Förderung von Alltagskompetenzen in sozialen Einrichtungen geschrieben.
Peter Brand hat für das Magazin der BFF Kompetenz Bildung Bern die beiden zum Gespräch getroffen.
Monika und Christa Luginbühl, Sie haben zusammen ein Fachbuch geschrieben. Was genau war der Anlass dazu?
Monika: Ich unterrichte an der BFF unter anderem Hauswirtschaft für Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Da befassen wir uns mit der Frage, was die Förderung von Alltagskompetenzen in der Sozialpädagogik konkret bedeutet und wie diese im Alltag eingebaut werden kann. Ich war lange auf der Suche nach einem Buch, das diesen Bereich abdeckt, wurde aber nicht fündig. Also beschloss ich, mit meiner Schwester eines zu schreiben.
Christa: Ich bin Geschäftsleitungsmitglied einer NGO, war in meinem Erstberuf jedoch Lehrerin und arbeitete auch sozialpädagogisch mit Menschen mit Mehrfachbeeinträchtigungen. Dabei sah ich, wie wichtig es ist und welche positive Bestätigung es bringt, wenn Klientinnen und Klienten im Alltag befähigt werden und eigenständig agieren können.
Monika: Im Bereich Haushalt, Wohnen, Kochen bieten sich für die Förderung der Alltagskompetenzen und der Eigenständigkeit unzählige Chancen. Das war die Grundmotivation zu diesem Buch, welches wir im Kopf lange mit uns herumtrugen. Im Lockdown entstand dann der zeitliche Freiraum für die Umsetzung dieses Vorhabens.

Wie sind Sie konkret vorgegangen?
Christa: Wir überlegten uns, was ein solches Buch beinhalten müsste. Was braucht es für die Förderung der Alltagskompetenzen? Was ist praktisch und nützlich für Menschen, die in solchen Institutionen arbeiten? Aus diesen Fragen heraus entstand ein Konzept, das im Wesentlichen auch das Gerüst des Buches ist. Anschliessend überlegten wir in Themenblöcken, wo wir eine fachliche Vertiefung und weitere Inputs brauchten. Zudem stellten wir sicher, dass wir Feedback aus der Praxis holen, damit das Buch anwendbar und praktisch ist.
Monika: Wir investierten sehr viel in ein fachlich fundiertes Konzept. Zum einen befassten wir uns intensiv mit dem Lehrplan 21 und dem neuen Schulfach WAH (Wirtschaft – Arbeit – Haushalt) und übertrugen die Kompetenzen auf die Sozialpädagogik. Zum andern war die Ebene der Pädagogik (Agogik) sehr wichtig, in der wir unser Bildungsverständnis auf der Grundlage von Lernzugängen und Lerntheorien schärften und formulierten. Daraus entstand unser Modell SALSA, welches in acht Schritten eine konkrete Hilfestellung für die professionelle Alltagskompetenz-Förderung bietet.
Christa: Da sich das Buch um Alltagskompetenzen und die Befähigung der Klientinnen und Klienten in ihrem Alltag dreht, fassten wir das Thema breit und integrierten sowohl Finanz- und Konsumfragen, Fragen zu Haushalt, Kochen, Wohnen wie auch Fragen zu einer sinnvollen Nutzung von digitalen Medien für die Bewältigung der Alltagsaufgaben. Wir orientierten uns nebst der Kompetenzorientierung gemäss LP 21 auch am Konzept der «Bildung nachhaltige Entwicklung» und des «Lebenslangem Lernens».
Wer alles hat einen Teil zur Publikation beigetragen?
Monika: Es entstand einerseits eine fachliche Referenzgruppe aus ehemaligen Studierenden der BFF, die jetzt längst gestandene Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sind. Andererseits machten uns Kolleginnen und Kollegen aus dem pädagogischen und dem hauswirtschaftlichen Bereich Rückmeldungen. Zwei Fachleute aus dem Bereich des Facility Managements an der BFF sowie eine Person aus der Abteilung Berufsbildung schrieben uns zudem einen kleinen Exkurs zu ihren Fachbereichen.
Christa: Weitere externe Fachpersonen trugen Vertiefungsexkurse bei, so etwa im Bereich Schuldenprävention, Online-Marketing oder Cyber-Kriminalprävention.
Monika: Wir durften von Anfang auf die Rückendeckung der BFF zählen. Das schätzen wir sehr. Die BFF hilft uns auch beim Promoten des Buches. Darum erscheint das Logo im Buch.

An wen richtet sich das Buch?
Monika: Einerseits als Lehrmittel an Berufseinsteigende. Andererseits kann es auch für erfahrene Berufsleute eine Anregung sein.
Christa: Wir wollten bewusst ein Praxishandbuch verfassen. Dieses muss nicht zwingend von A bis Z gelesen werden. Es lässt sich herauspicken, was interessiert und was im Alltag nützlich ist. Der erste Teil des Buches ist das fachliche Fundament. Im zweiten Teil haben wir für sechs verschiedene Zielgruppen konkrete Lernsituationen auf verschiedenen Niveaus konzipiert.
Wie kann eine solche Lernsituation konkret aussehen?
Monika: Wie kann ich einem kleinen Kind beibringen, mit Geld umzugehen? Wie kann ich dies einer kognitiv beeinträchtigten Person beibringen? Wie kann ich Jugendliche zum Putzen motivieren?
Christa: Wie kann ich ihnen zeigen, wie man keine Lebensmittel verschwendet? Wie kann ich mit Kindern Werbemuster thematisieren? Diese praktischen Beispiele sollen helfen, die Theorie anzuwenden. Unsere Anregungen sollen fachliche Denkinputs sein. Die Fachleute in der Praxis haben oft kaum Zeit, um etwas auszuprobieren. Unser Buch soll den Blick für mögliche Freiräume schärfen. Diese gibt es überall. Wir wollen anregen, in kleinen Schritten, pragmatisch, aber dafür langfristig und kontinuierlich am Thema dranzubleiben.
Das Buch liegt nun gedruckt vor: Wird es im Unterricht an der BFF zum Einsatz kommen?
Monika: Ich werde es im eigenen Unterricht sicher einsetzen. Es ist das Buch, das ich immer haben wollte. Andere Bereiche der BFF könnten durchaus auch davon profitieren. Wie dies der Fall ist, wird sich zeigen.

Das Buch
Christa Luginbühl, Monika Luginbühl: Eigenständig im Alltag unterwegs – Alltagskompetenzen in sozialen Einrichtungen kreativ fördern. Bern: hep-Verlag, 2022. 344 Seiten. 43 Franken.