Gärtnern mitten in der Stadt: Urban Gardening holt die Natur dorthin zurück, wo sonst alles bebaut und versiegelt ist. Die bepflanzten Palettkisten sind bunte Oasen, die zum Entdecken, Pflegen, Verweilen – und sogar Ernten einladen. Seit dem Frühling stehen auch welche an der BFF. Die Klasse 21 GS 04 des Berufsvorbereitenden Schuljahres hat sie gestaltet und seither liebevoll gehegt und gepflegt.
Die Zitate sind von den Lernenden der Klasse 21 GS 04 – festgehalten während des Gärtnerns. Christoph Stähli hat das Projekt fotografisch dokumentiert.
Aussäen
Alles beginnt mit einer Idee, viel Spontaneität und Mut zum Anpacken: Der Klassenlehrer Bastian Amsler bestellt in Absprache mit der Schulleitung für seine Klasse bei Stadtgrün Bern Palettkisten, Thomas Sterchi und sein Team von Stadtgrün liefern die Kisten und die nährstoffreiche Erde gleich mit.
«Natur in die Stadt bringen, das macht uns Freude.»
Es ist März und die meisten Lernenden der Klasse 21 GS 04 haben zu dieser Zeit bereits eine Anschlussmöglichkeit an das zu Ende gehende Berufsvorbereitende Schuljahr. Die schulische Motivationskurve bewegt sich dementsprechend nach unten. Ein idealer Zeitpunkt für ein Projekt, bei dem die Lernenden selber anpacken und mitgestalten können.
Zu zweit übernehmen sie die Verantwortung für eine Palettkiste und machen sich ans Planen. Zu klären gibt es viel: Was kann Ende März ausgesät werden? Welche Pflanzen bevorzugen einen sehr sonnigen Standort? Setzlinge oder Samen? Haben wir die Kosten im Griff? Wann ist Blütezeit – und allenfalls Erntezeit? Welche Pflanzen sollten nicht in derselben Palettkiste wachen? Und ebenso wichtig: In welchen Farben blühen die Pflanzen?
Die Lernenden halten ihre Arbeit Schritt für Schritt im OneNote-Klassennotizbuch fest. Sie erstellen ein Pflanzkonzept und führen ein Gartenwochenbuch. Fotografisch dokumentieren sie die Aussaat und die Wachstumsschritte und beschreiben, was sie sehen, was ihnen – gut oder weniger gut – gefällt und welche Arbeiten anstehen.
«Weiss, Violett, Rosa – hier wachsen meine Lieblingsfarben.»
«Die Farbe war uns wichtig. Und dass die Bienen etwas davon haben.»
«Wir sind zufrieden. Es kommt gut!»
Wachsen
Anfang Mai wird es langsam grün vor der Kapellenstrasse 6. Die Pflanzen wachsen und mit ihnen zeigen sich ganz unterschiedliche Muster, die die Lernenden zur Aussaat gewählt haben. Wie die Pflanzen wächst auch die Routine der Handgriffe beim Gärtnern. Die Zweierteams sind unterdessen eingespielt und wissen meistens, was es zu tun gibt. Und wenn nicht, dann fragen sie nach: zum Beispiel beim ICT-Manager Emanuel Schmid, der sich mit Permakultur auskennt.
«Die Tomaten sind eingegangen. Dafür ist ungeplant Spinat gewachsen.»
Es zeigt sich: Urban Gardening verbindet. Die gemeinschaftliche Arbeit und das gemeinsame Ziel wirken als sozialer Kitt. Beim Gärtnern kommt man klassen- und abteilungsübergreifend ins Gespräch und lernt sich kennen.
«Wenn es im Klassenzimmer warm wird, ist das Giessen eine wunderbare Abwechslung. Und es schaut nun sehr schön aus. Das gibt uns eine zusätzliche Motivation, in die Schule zu kommen.»
Was auch wächst, ist der Stolz der Lernenden der 21 GS 04. Zu Recht geniessen sie die anerkennenden Blicke anderer Lernenden und der vorbeigehenden Fussgängerinnen und Fussgänger.
«Gärtnern ist für mich entspannend und friedlich. Pflanzen sind uns wichtig. Sie geben uns Luft zum Atmen.»
Erblühen
Im heissen Juni blüht und grünt es in den Palettkisten. Sie schaffen eine angenehme Oase inmitten der asphaltierten Strasse. Hier ist ein beliebter Pausenort und Treffpunkt zwischen den Unterrichtslektionen entstanden.
«Jetzt, wo wir jeden Tag giessen, haben wir eine starke Verbindung zu den Pflanzen. Wir wollen nicht, dass die Pflanzen sterben. Letztendlich haben wir uns Mühe gegeben und es ist gut für die Umwelt.»
Die Lernenden der 21 GS 04 haben unterdessen alle Pflanzen in ihren Kisten fotografiert und identifiziert. Bald geht ihr Schuljahr zu Ende und damit für viele auch die Zeit an der BFF. Deshalb überlegen sich die Lernenden, wie es mit ihren Zöglingen während und nach den Sommerferien weitergehen soll. Hier zeigt sich die besondere Bedeutung dieses Projekts für die Lernenden. Denn nicht wenige wollen die Pflanzen auch während der Sommerferien ab und zu giessen. Und sie wünschen sich, dass eine Klasse im neuen Schuljahr übernimmt und weiterführt, womit sie begonnen haben. Vielleicht dann mit Wintergemüse, wer weiss. Sicher ist: Vorher möchten die Lernenden der 21 GS 04 ein paar Blumen schneiden und damit einen eigenen Blumenstrauss binden und mitnehmen. Diesen haben sie sich wohlverdient.
«In die Schule zu kommen und seine blühenden Blumen zu sehen: Das ist ein stolzer Moment!»