
Von Köln über Zermatt nach Bern
«Neulich in der Mediothek» – so heisst unsere neue Rubrik, in der wir regelmässig über dieses Angebot der BFF berichten. Den Anfang macht Verena Ben Othman. Seit Januar 2022 leitet sie die Mediothek und stellt nun sich und ihre Arbeit im Interview vor.
Peter Brand
Frau Ben Othman, gehen wir recht in der Annahme, dass Sie eine Leseratte sind? Wenn ja, wie äussert sich das?
Als Kind und Jugendliche verschlang ich jegliche Bücher. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ich aus einer Generation stamme, in der es praktisch nur Bücher gab. Das Fernsehprogramm war sehr übersichtlich, kindgerechte Programme gab es damals keine. Seit ich eine berufstätige Mutter bin, fehlen mir leider oft Zeit und Musse, um in Ruhe ein Buch zu lesen und darin «abzutauchen».
Welches Genre lesen Sie am liebsten?
Krimis und zeitgenössische Sachliteratur. Ich bin ein politisch und gesellschaftlich interessierter Mensch. Natürlich kann ich nicht jedes Buch in der Mediothek von vorne bis hinten lesen, aber viele Bücher muss ich querlesen, um mir einen Überblick über Inhalt und Thematik zu verschaffen. Neuanschaffungen muss ich mir gründlich ansehen, um sie dann zu verschlagworten und in unseren Katalog einzupflegen.
Ein Werk, das es Ihnen besonders angetan hat?
Momentan finde ich Franziska Schutzbach’s «Die Erschöpfung der Frauen – wider die weibliche Verfügbarkeit» gelungen und treffend. Tim Marshall’s «Die Macht der Geografie» ist ebenfalls interessant. Dazu gibt es übrigens eine gute Version für Kinder. Das soeben erschienene Buch «Eigenständig im Alltag unterwegs» von Monika und Christa Luginbühl wird sich hoffentlich zu einem Standardwerk der Sozialpädagogik entwickeln. Es ist gut strukturiert und voller Alltagstipps.
Zu Ihrer Person: Wie sind Sie zur BFF gekommen? Und: Was haben Sie vorher beruflich gemacht?
Mein Lebenslauf verlief alles andere als linear. Ich wuchs in der Nähe von Köln auf und studierte dort. Später war ich zehn Jahre in der Hotellerie in Zermatt tätig. Dort heiratete ich dann und gründete eine Familie. Ich fühle mich in der Schweiz wohler als in Deutschland und lebe sehr gerne hier.
Was führt die Mediothek der BFF alles im Angebot?
Ich betreue eine Mediothek mit mehrheitlich Fachliteratur aus Gebieten wie Ausbildung, Erziehung, Gesundheit oder Hauswirtschaft. Weiter haben wir Zeitschriften, Bilderbücher, Graphic Novels, Reiseführer, Kochbücher, Romane für junge Erwachsene und ein grosses Sortiment an Romanen in einfacher Sprache. Zum Angebot vor Ort kommt ein umfangreiches Online-Angebot, bestehend aus eBooks, ePapers, eAudios sowie ein Film- und Musikstreaming. Das alles ist gratis für alle an der BFF.
Wenn Sie an den Umgang mit der Kundschaft denken: Was ist Ihnen das Wichtigste?
Im Zentrum steht für mich die Vermittlung von Bildung. Ich bin im Kern sehr kunden- und dienstleistungsorientiert und mag die Arbeit mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Bildungsniveaus. Ich empfinde mich als offen und tolerant und versuche täglich, die Mediothek in diesem Sinne zu führen. Ich möchte den Leuten die Schwellenangst vor der Mediothek nehmen. Das Spannende an der BFF ist, dass ich eine sehr unterschiedliche Kundschaft habe. Das können Dozierende sein, HF-Studierende, Jugendliche aus einem Brückenangebot oder aus einer beruflichen Grundbildung. Zu mir kommen auch Menschen mit Migrationshintergrund, die noch über wenig Deutschkenntnisse verfügen. Das muss ich erkennen und entsprechend darauf einzugehen.
Direkt beim Eingang steht die «Lesbar». Was hat es damit auf sich?
Das ist eine Art Tauschbörse für Taschenbücher. Viele kennen das: Man hat noch kurz Zeit am Bahnhof oder am Flughafen und kauft sich ein Taschenbuch. Nach der Lektüre ist es noch in einem guten Zustand. Es zu entsorgen, wäre zu schade. Solche Bücher können Sie uns in die Mediothek bringen. Wir stellen sie aus, und jede und jeder kann sich bedienen. Völlig unbürokratisch und unkompliziert.
Ist die Mediothek auch Arbeitsraum? Oder Treffpunkt für Anlässe?
Coronabedingt leider länger nicht mehr, aber natürlich hoffe ich sehr, dass sich das wieder ändert. Ich möchte die Mediothek wieder zu einem Ort der Begegnung machen. Ich bin in enger Absprache mit der Schulleitung, und wir werden schauen, wie wir die Mediothek attraktiver gestalten können.
Im Lockdown haben wir eine intensive Bestandspflege vorgenommen. Zu diesem Zweck nahmen wir jedes Buch in die Hand und wägten ab, ob wir es noch brauchen oder nicht.
Ein Wort noch zu den Neuanschaffungen: Dürfen Dozierende und Studierende Anschaffungsvorschläge machen?
Unbedingt! Das kommt erfreulicherweise recht häufig vor. Wenn immer möglich, gehe ich darauf ein. Natürlich muss ich vorher prüfen, ob es zu dem Thema nicht schon ähnliche Bücher im Bestand gibt und wie aktuell und von allgemeinem Interesse ein Neuanschaffungswunsch ist. Zudem habe ich kein unbegrenztes Budget.